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Die Phasen der Tragkraft:
Der Weg zu einer korrekten Dehnungshaltung

 

Hast du dir schon einmal nähere Gedanken zum Thema Tragkraft und den Weg dorthin gemacht? 
Bestimmt! Und sicherlich hast du hierzu bereits viele verschiedene Beiträge und Übungen gefunden und es vielleicht schon einmal selbstständig ausprobiert. Aber so ein richtig klares Bild von der Tragkraft und einer korrekten Dehnungshaltung, geschweige denn ein richtiger Umsetzungsplan erschließt sich vielen Pferdebesitzer trotzdem nicht so richtig.

Aber keine Sorge, du bist nicht alleine!
Welche Phasen es gibt und wie sich Rumpfträger bzw. die Tragkraft wirklich aufbauen erkläre ich dir heute.
Viel Spaß beim lesen.

 

Im Dschungel der Fachbegriffe



Zuerst möchte ich gerne kurz über die Begriffe Tragkraft, Rumpfträger und Dehnungshaltung sprechen.


Tragkraft:
Das Hinterbein tritt vermehrt unter den Schwerpunkt. Das Gewicht verlagert sich von der Vorhand vermehrt auf die Hinterhand. Die Schubkraft wird also in Tragkraft umgewandelt.

Rumpfträger

Muskelgruppe, die den Brustkorb des Pferdes stabilisiert und die als Stoßdämpfer und Hängematte funktioniert.


Dehnunghaltung:

Bei einer korrekten Dehnungshaltung befindet sich die Nase vor der Senkrechten, etwa auf Höhe des Buggelenkes. Mittels einer vermehrten Tragkraft und aktiven Rumpfträgern kommt es zu einem positiven Spannungsbogen, der den Widerrist anhebt und das Pferd nach vorne hin optisch wachsen lässt.



Aktive Rumpfträger, Tragkraft und Dehnungshaltung sind die Basisarbeit zur Gesunderhaltung des Pferdes und die Grundlage für die weiterführende Versammlung und Aufrichtung.




Phase 1 - Das Schreckgespenst: Trab in Extension



Mittlerweile wissen die meisten, dass Traben mit gehobenem Kopf und weggedrücktem Rücken auf Dauer nicht gesund ist. Doch was genau steckt eigentlich dahinter?

Als Fluchttier ist es für unser Pferd normal in ungewohnten oder bedrohlich wirkenden Situationen die dorsale Kette anzuspannen und somit den Kopf zu heben und den Rücken in Streckung = Extension zu bringen.

Mit Reiter führt diese Körperhaltung jedoch auf Dauer zu Beschwerden, da das Reitergewicht nicht optimal getragen werden kann. Und auch das eigene Rumpfgewicht drückt auf Grund der Schwerkraft in Richtung Boden. Die Vorhand muss vermehrt last abfangen und der cervico-thorakale Übergang (Übergang zwischen Hals- und Brustmuskelatur) wird komprimiert, was zu starken Verspannungen bis hin zu einer reduzierten Nervenversorgung führen kann.


Typische Symptome sind eine V-förmige Vorhand, ein abgesackter Brustkorb, Ansätze eines Senkrückens, atrophierte Rückenmuskeln, Stolpern und sogar Atemwegsbeschwerden.

 


Fallbeispiel:



Auch diese tolle Isländerstute hat die Angewohnheit in Extension zu traben. Ihre Besitzerin hat Bereichs versucht die Dehnungshaltung mit Hilfe von Ausbindern zu erreichen. Doch reell bleibt das Bild das Gleiche.


Unsere Pferde müssen also selbstständig lernen, dass die dorsale Muskelkette entspannt werden darf und dass keine Bedrohung vorherrscht. Ruhe, Vertrauen und Geduld sind Schlagworte die in der Pferdeausbildung aus genau diesem Grund eine hohe Bedeutung haben.


Entspannung zeigt sich in erster Linie durch ein Fallen lassen des Halses. Das ist unser erster Schritt zur korrekten Dehnungshaltung.




Phase 2: Die vermeintliche Dehnungshaltung



Hat das Pferd also gelernt den Hals fallen zu lassen kommt auch gleich das nächste "Problem":

Das Pferd fällt auf die Vorhand.



Das kennst du bestimmt, oder? Dann heißt es: "Hol dein Pferd mehr auf die Hinterhand, es latscht zu sehr auf der Vorhand". Ja, und dann? Oft wird dann Vorne vermehrt gebremst und hinten nachgetrieben.


Das Resultat: Das Pferd rollt sich ein, verkriecht sich hinter der Senkrechten oder verkürzt die Tritte anstatt sie zu verlängern.


 


Phase 3: Die korrekte Dehnungshaltung



Wir müssen es also schaffen, in dem Moment des Loslassens im Hals- und Rückenbereich die Hinterhand vermehrt zu aktivieren, ohne das Pferd Vorne zu blockieren.


Hier kommt die Körperbandage ins Spiel. Sie ist ein hilfreiches Tool, um unsere Pferde im CTÜ zu stabilisieren und somit ein Abkippen auf die Vorhand zu vermeiden und gleichzeitig die Hinterhand vermehrt zu aktivieren. In unserem Fallbeispiel haben wir die Stute mit einer
Körperbandage und einem Trainingstape im Bereich der Bauchmuskeln unterstützt. Hierdurch zeigte sie vermehrte Reprisen mit aktivierten Bauchmuskeln, vermehrter Tragkraft und einem dadurch entstehenden positiven Spannungsbogen.


Natürlich ist auch die Körperbandage kein Wundermittel. Unsere Hilfengebung und das korrektes Timing sind ebenfalls wichtige Aspekte, die ich den Pferdebesitzern zeige und üben lasse. Hierdurch konnte die Besitzerin innerhalb einer Trainingseinheit bereits tolle Sequenzen erreichen, die du im folgenden Bild sehen kannst:


Geduld und Kontinuität: Der Schlüssel zum Erfolg



Eins ist sicher: Von heute auf morgen lernen unsere Pferde es leider nicht sich korrekt zu tragen. 

Der Weg zu einem tragfähigen Rücken und starken Rumpfträgern ist ein wenig zeitaufwendig und nicht unbedingt gradlinig.


Die drei oben genannten Phasen werden wechselnd in Erscheinung treten.
Am Anfang sind wir glücklich wenn unser Pferd aus Phase 1 (Extension) ins Phase 2 (Hals fallenlassen) kommt.
Mit der richtigen Hilfengebung und durchdachten Linien bekommen wir immer Mal wieder für einige Sekunden Phase 3 (aktive Rumpfträger) und somit eine  vermehrte Tragkraft und einen positiven Spannungsbogen sowie die daraus resultierende korrekte Dehnungshaltung. Phase 2 wird für eine lange Zeit überwiegen, da Phase 3 dem Pferd Muskelkraft und Anstrengung abverlangt. Aber Schritt für Schritt werden auch diese Sequenzen immer länger und das Pferd lernt, sich über einen längeren Zeitraum korrekt zu tragen.


Hier ist also ein wenig Geduld und Ausdauer gefragt.

Aber glaub mir, der Weg lohnt sich! Denn was unser Pferd einmal richtig gelernt hat, das behält es auch bei!

Also, fang an und bleib dran. Du bist auf dem richtigen Weg.
Gerne begleite ich dich und dein Pferd auf eurem Weg dorthin und stehe dir mit Tipps und vielen verschiedenen Übungen zur Seite.


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Mein Konzept kurz erklärt: Über Holistic Balance
15 Juni, 2024
Alle Strukturen stehen miteinander in Verbindung Anatomiebücher zeigen uns stets einzelne Muskeln. Ihren Ansatz, Ursprung und dessen Funktion. Bei der Präparation eines Pferdes wird jedoch sofort klar, dass alle Muskeln durch das Bindegewebe miteinander verbunden sind. Dementsprechend wirkt sich die Kontraktion eines Muskeln immer auf weitere Muskeln aus. Einige Muskeln besitzen hierbei eine ähnliche Funktion und unterstützen sich gegenseitig. Die sogenannten Synergisten. Des Weiteren gibt es Muskeln mit einer völlig gegensätzlichen Funktion - die Antagonisten. Es gibt zwei primäre Muskelketten. Die ventrale und die dorsale Kette. Die dorsale Kette verläuft entlang der Oberlinie des Pferdes. Sie zieht vom Kopf über den Rücken und die Kruppe bis zur Rückseite der Hinterbeine. All diese Muskeln zählen zu den Streckern. Sie bringen Gelenke also in eine Extension und vergrößern somit den Gelenkwinkel. Die ventrale Kette verläuft hingegen entlang der bauchwärtsgelegenen Strukturen und zieht vom Unterkiefer bis zum Brustbein und entlang des Bauches bis in die Lendenregion und die vordere Oberschenkelmuskulatur. Die meisten dieser Muskeln sind Beugemuskeln und wirken somit antagonistisch zur dorsalen Kette Die dorsale Kette wird insbesondere während der Flucht aktiviert. Der Kopf wird ruckartig angehoben, der Rücken weggedrückt und die Hinterhand drückt Kraftvoll nach hinten heraus um den gesamten Pferdekörper in Bewegung zu bringen. Hierbei leistet der Spannsägenmechanismus besondere Dienste. Auf diesen werde ich in meinem nächsten Beitrag vermehrt eingehen. Die ventrale Kette bewirkt hingegen ein Senken den Kopfes, ein Aufwölben des Rückens und ein Untertreten der Hinterhand. Dysharmonien der Muskelketten sind alltäglich zu sehen Bei vielen Pferden kommt es auf Grund von Schmerzen, mangelnder Ausbildung und falschem Reiten zu einer Dysharmonie der beiden Muskelketten. Meist sieht man eine zu stark ausgeprägte dorsale Kette. Diese Pferde thaben Probleme den Hals fallen zu lassen und den Rücken aufzuwölben. Auch ein unpassender Sattel kann hierfür ein Auslöser sein. Wie auch die Rumpfträger sorgt die ventrale Kette dafür, dass der Reiter getragen werden kann. Ist diese Muskelkette also zu schwach ausgeprägt, oder durch die dorsale Kette gehemmt, kommt es zu einem erhöhten Verschleiß der Gliedmaße und einer Trageerschöpfung. Zudem kann es zu Erkrankungen wie Arthrose, Sehnenproblemen und Kissing Spines kommen. Steht dein Pferd in faszialer Balance? Und wie sieht es aus, wenn du dir dein Pferd anschaust? Wirken die Strukturen gleichmäßig, oder hast du dasgefühl die Rückenlinie erscheint kürzer und ein wenig abgesackt? Oder zieht dein Pferd vielleicht den Bauch ein, sodass du die seitliche Bauchmuskulatur gut erkennen kannst sowie eine kleine Aufwärtswölbung in der Lendenwirbelsäule?
24 Nov., 2023
Was ist eigentlich der Rumpftrageapparat? Der Rumpftrageapparat wird aus drei Muskeln gebildet: 1. Musculus Serratus ventralis (pars cervicis et thoracis) Der gesägte Muskel, oder auch Sägemuskel genannt, hat seinen Ursprung an der Innenseite des Schulterblattes.. Von da aus zieht der Halsteil (Pars cervicis) an die Querfortsätze der letzten vier Halswirbel. Der Rumpfteil (Pars thoracis) zieht hingegen an das untere Drittel der ersten 7-9 Rippen. 2. Musculus Pectoralis profundus Der tiefe Brustmuskel verläuft etwa vom Brustbein und den bauchwärtsgelegenen Rippenknorpeln bis nach vorne zum Buggelenk. 3. Musculus Subclavius Der letzte der drei Rumpfträgern, der Schlüsselbeinmuskel, entspringt ebenfalls aus dem Bereich des Brustbeins und setzt vorne, am oberen Rand des Schulterblattes an. Aufgrund ihres Verlaufs sind diese Muskeln in der Lage den Rumpf, sprich den Brustkorb anzuheben und zu tragen. Im Gegensatz zum Menschen besitzt das Pferd kein Schlüsselbein , wodurch das Schulterblatt nur muskulär mit dem Brustkorb verbunden ist. Diese anatomische Besonderheit stellt eine wichtige stoßdämpfende Funktion her. Der aus der Hinterhand entwickelte Schub kann somit von der Vorhand optimal aufgefangen werden. Dies ermöglicht schnelle und katapultartige Fluchtmanöver und vermindert die Sturzgefahr auf unebenem Gelände. Wozu sollten Reiter die Rumpfträger des Pferdes trainieren? In den Köpfen vieler Pferdebesitzer herrscht der Mythos vor, dass die Rückenmuskeln den Reiter tragen . Allerdings handelt es sich bei der Rückenmuskulatur lediglich um Bewegungsmuskeln. Mehr Informationen hierzu erhaltet ihr in meinem nächsten Beitrag über die dorsale und ventrale Kette. Entgegen dieser Behauptung ist es vielmehr der Rumpftrageapparat, welcher es möglich macht einen Reiter ohne Verschleiß der Gelenke und Sehnen zu tragen. Denn werden die Rumpfträger nicht genutzt, so ist die stoßdämpfende Fähigkeit des Rumpfes stark eingeschränkt, wodurch es zu einer vermehrten Belastung der Gliedmaßen kommt. Sehnen und Bänder müssen vermehrt Last abfangen und werden überbeansprucht. Die Folge sind meist Sehnenprobleme. Der Weg zu einem tragfähigen Pferderücken Im Internet gibt es zahlreiche Übungen, welche zu einem "fitten Rücken" verhelfen sollen. Stangenarbeit steht dabei hoch im Kurs. Viele Pferdebesitzer bauen die Stangenarbeit daher 1-2 Mal pro Woche ins Training mit ein. Dennoch werden einfach keine zufriedenstellenden Ergebnisse erzielt. Aber woran liegt das? Der Knackpunkt liegt in der natürlichen Bewegung des Pferdes. Da das Pferd von Natur aus nicht zum Tragen gebaut wurde, muss es zunächst einmal lernen sein Gleichgewicht unter dem Reiter zu finden. Es kommt zu einer ungewohnten Belastung des Rückens, der Burstkorb sinkt - auf Grund des fehlenden Schlüsselbeins - ab wodurch die Schultern zwanghaft versuchen diesen oben zu behalten. Nachfolgend kommt es zu einer unnatürlichen Kompensationshaltung und einer Überbelastung verschiedener Muskeln. Das Pferd kompensiert also das Reitergewicht . Und weil unsere Pferde wahre Meister der Kompensation sind äußert sich diese in unterschiedlichster Weise. Das wichtigste ist also zunächst ein grundsätzliches Verständnis über die Anatomie zu erhalten und den Blick zu schulen. Schaut hierzu gerne bei Instagram vorbei. In der nächsten Zeit plane ich einige Beiträge zum Thema Blickschulung . Nachdem nun die Kompensationsmuster aufgedeckt wurden gilt es die überlasteten Muskeln zu entspannen und andere Muskeln (wie zum Beispiel die Rumpfträger) aufzubauen. Ein ausgewogenes Verhältnis aus Stabilität und Elastizität ist ein grundlegender Faktor. Denn: Ein Muskel der bereits dauerhaft verspannt ist, kann seine Funktion nicht mehr erfüllen. Anstelle dessen springen andere Muskeln (zumeist Bewegungsmuskeln) ein und kompensieren. Es kommt es zu einer sogenannten Ursache-Folge-Kette . Wir müssen also zunächst die Schutzspannungen auflösen und unseren Pferden anschließend ein neues Bewegungsmuster beibringen. Dabei müssen unbedingt bereits vorhandene Erkrankungen beachtet werden. Aus diesem Grund ist es sinnvoll einen Pferdephysiotherapeuten, Osteopathen oder Faszientherapeuten mit ins Boot zu holen. Mit Hilfe einer ausführlichen Behandlung, Bewegungstherapie und Faszientherapie ist es möglich dem Pferd ein neues Bewegungsmuster beizubringen, welches den Reiter ohne Verschleiß tragen kann. Allerdings braucht dies Zeit und Geduld ! Studien zufolge regenerieren sich Faszien innerhalb 6 - 12 Monate. Der Therapeut entwickelt mit euch zusammen einen Therapie und Trainingsplan und gibt euch sinnvolle Tipps und Übungen mit an die Hand. Das Wissen über die Biotensegrität, die Biomechanik und die natürliche Schiefe sowie das Wissen über den Einfluss des Reitergewichtes, der Hufschlagfiguren und des Equipments helfen uns Reitern ein besseres Verständnis über gesunderhaltenes Training und Erholungsphasen zu erlangen. Ich hoffe Dir hat mein Beitrag gefallen. Weitere Einträge mit wichtigen Tipps und Tricks rund um die Anatomie, Rehabilitation und das gesunderhaltene Training werden folgen! Also bleib dran, hab Geduld und Spaß sowie die Muße Dich für Dein Pferd stetig fortzubilden. Denn wir haben die Verantwortung für diese wundervollen Lebewesen und ganz klar ist: Vorsorge ist besser als Nachsorge . Also bitte rufe einen Therapeuten nicht erst wenn es bereits zu spät ist. Prophylaxe kann so viel mehr als Rehabilitation. Wenn auch Du Interesse an einer Behandlung, Faszientherapie oder Bewegungstherapie hast, melde Dich gerne bei mir ! Ich berate und betreue Dich und Dein Pferd gerne und ganzheitlich und individuell.
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